Gestern Abend wurde ich im Hotel Sankelmark am See noch so richtig verwöhnt: die von mir bestellte Hawaii-Pizza mit viel Ananas wurde mir aufs Zimmer serviert. Sah ich so schlapp aus? Nein, nein, mit Corona hat das Hotel auf Roomservice umgestellt. Das war mir auch für das reichhaltige Frühstück am nächsten Morgen sehr recht.

Der zweite Tag meines Jakobswegs von Pattburg nach Lübeck verlief heute dann über Süderschmedeby, Sieverstedt, Stenderup, Idstedt bis Schleswig. Alles ganz entspannt für die Füsse, denn neben dem Teerwegen waren genügend Grünstreifen für Wanderer. Tolle Frühlingseindrücke bei leichtem Sonnenschein den ganzen Tag – überall sprießten die Krokusse, Narzissen und Schneeglöckchen aus der Erde. Eben Frühlingszauber. Es wird endlich wieder bunt in den Gärten. Sehr auffällig auf der ganzen Wegstrecke des Jakobsweges war, dass hier in Schleswig-Holstein die Ortschaften doch sehr zersiedelt sind – immer wieder vereinzelte Höfe konnte ich sehen. So eine richtige Nachbarschaft kann hier wohl nicht entstehen…

Trotz bester Ausschilderung mit den Wegkennzeichnungen „Jakobsmuschel“ verpasste ich gleich zu Beginn meiner Wanderung einen Abzweig und lernte dadurch den Ort Augaard kennen. Der Umweg hat sich gelohnt, denn in Augaard war quasi das Ende der Welt. Schnell war ich wieder auf der richtigen Strecke. Beeindruckend von der Schönheit der Natur wanderte ich durch das Naturschutzgebiet Föruper Berge. Die Route führte mich vorbei an nummerierten Meisen- und Fledermauskästen…. Hauptsache die Vögel wissen, wem welche Nummer gehört… Nach 11 Kilometern erreichte ich Stolk, wo die Kirchenglocke genau 11 Mal läutete, das Zeichen für eine verdiente kleine Pause.

Und danach war ich wieder in meiner Welt, dem achtsamen Wandern. Beim achtsamen Wandern bin ich ganz im Hier und Jetzt. Jeder Schritt wird zu einer bewussten Bewegung, und die Natur um mich herum wird zu meiner Meditation. Ich spüre meinen Atem, setze meine Schritte bedacht und nehme die Schönheit meiner Umgebung intensiv wahr. Die Geräusche der Natur werden zu einer harmonischen Melodie, und ich entdecke Freude in den kleinen Details am Wegesrand. Achtsames Wandern ist für mich nicht nur körperliche Aktivität, sondern eine Möglichkeit meine Sinne zu schärfen und mich mit der Natur zu verbinden.

Und schwupps war ich schon in Schleswig angekommen… Hat mich da einer hingebeamt? Wie schnell doch die Zeit verging – tatsächlich war ich da schon sieben Stunden unterwegs.

In Schleswig kam ich dann an der Drogerie DM vorbei. Ach ja, kannst ja vorsorglich eine Pflasterpackung kaufen… Und da war ich in diesem Moment schon wieder in der Realität: direkt neben dem Regal für Pflaster war das Regal für Kondome und Schwangerschaftstest. Da kam eine junge Frau, vielleicht 20 Jahre alt, direkt auf diese Auslage zu. Sichtlich nervös und total angespannt. Mit einem Seitenblick konnte ich ihre Unentschlossenheit erkennen. Sie drehte sich nach links und rechts herum und nahm dann einen Test mit und ging weiter. Ich habe so für mich gedacht… ich hätte sogar zwei Tests mitgenommen – sicher ist sicher. Anscheinend Gedankenübertragung – sie kam zurück und holte sich wirklich einen zweiten Test. Jetzt hatte ich Mitgefühl mit der jungen Dame. Was für Gedanken hat Sie? Kinder sind richtig schön, aber bitte, wenn es in die Lebensplanung passt. Ich werde es wohl nie erfahren, ob sie tatsächlich schwanger war. Das wäre dann Realität.

Der Zufall führte mich kurz darauf an einem Straßenschild mit der Aufschrift „Storchnest“ und einem Babygeschäft vorbei – ein bemerkenswertes Zusammentreffen von Symbolen des Lebens.

Diese unerwartete Begegnung und die Reflexion meiner Tages-Wanderleistung von 35,12 Kilometern machten mich zum einen sehr nachdenklich und zum anderen sehr stolz. Was der Pensionär alles so ohne Challenge noch packt… Auch die 4,7 km/h pro Kilometer können sich sehen lassen.

Der Abschluss meiner heutigen Wanderung bildete der Besuch der Seepromenade. Leckeren Mandarinen-Kuchen im Café, natürlich direkt am Hafen, verschlungen…

Untergekommen bin ich in einem exklusiven Appartement im Quartier 36 in Schleswig.

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.