Das ich das noch erleben durfte… Heute morgen genau um 8 Uhr hörte ich in meiner Unterkunft Beth Emmaus in Loiz ein Flötenspiel auf dem Flur. Es ging jemand den Flur rauf und runter. Schön anzuhören. Und zum Schluss sagte der Pfeifer „Boker Tov“. Das heißt auf hebräisch „Guten Morgen“. Wieder was dazugelernt. Auf 8.15 Uhr wurde ich zum Morgengebet eingeladen; ich habe mich darauf eingelassen. Es saßen genau 7 von 10 Teilnehmern des Hebräisch-Kurses im Gebetsraum. Ich setzte mich dazu und wartete einfach ab. Dann begannen sie auf Deutsch Kirchenlieder zu singen, begleitet von Gitarre und Orgel. Mehrstimmig! Klasse. Und ich durfte mir ein Lied aussuchen: „Großer Gott, wir loben Dich“, denn das kennt ja jeder. Sie stimmten an und ich schloss meine Augen und habe, so wie man heute wohl sagt, die Performance genossen. Später gab es noch Gospelgesang. Gut, dass ich da hingegangen bin.
Uwe Seppmann, der Leiter des christlichen Hauses, begrüßte alle Teilnehmer und mich beim Frühstücksbuffet. Hier wurde gelernt, die Speisen auf Hebräisch zu nennen. Ich habe Joghurt gesagt…., denn es heißt so auch auf Hebräisch.
Ich konnte mich reichlich stärken und machte mich diesmal erst nach neun Uhr auf dem Weg. Gleich in Groß Raden kam ich am Archäologie-Museum vorbei. Hier wurde ein slawisches Dorf aus dem 9. und 10. Jahrhundert an Ort und Stelle nachgebildet, nachdem dort Forscher Mitte der siebziger Jahre entsprechende Funde gesichtet haben.
Gut rekonstruiert. Genau so stelle ich mir unseren mittelalterlichen Markt in Barienrode, meinem Heimatort, vor, der aus Anlass des 1000-jährigen Dorfjubiläums vom 1.-3.7.2022 stattfindet. Lagerleben und viel Atmosphäre.
Mittags war ich dann schon in Sternberg und habe mich erstmal mit einem schönen Hackbraten, Kartoffeln und Gemüse gestärkt. Lecker frisch zubereitet in einer Fleischerei. Der Ort selbst hat ein sehr dunkles Kapitel, hier fand 1492 der Hostienschänderprozess und das nachfolgende Judenpogrom statt. Ich war gestern ja in der Stadt Nazareth (mein Zimmername) und wollte die schöne Erinnerung behalten und bin nicht zur Gedenktafel gewandert.
Ich hatte in der Fleischerei eine Regenpause eingelegt. Draußen goß es „Bindfäden“. Nach 1 1/2 Stunden hat mir mein Wetterradar „freie Fahrt“ gegeben…, aber dann, nachdem ich ca. 500m unterwegs war, gab es einen Regen-Tusch, eigentlich ist ein Tusch ein musikalisches Signal, aber diesmal war es ein Regnerisches. Nicht in 5, nicht in 4, nicht in 3, sondern in 2 Minuten war ich nass. Zudem brachte mir der Wind kleine Hagelkörner ins Gesicht, ein kostenloses Peeling. Weiter… mein übernommener Spruch des damaligen Oberkreisdirektors, der verstorben ist, in Situationen, wo es nicht schnell genug vorangeht. Also bin ich weitermaschiert. Kopf nach unten und das Tempo erhöht. Ich wurde belohnt, denn nach 30 Minuten schien die Sonne und dann stimmte auch wieder die Wetter-App.
Nach 24 Kilometern bin ich dann an meinem Zielort Demen angekommen. Die sind hier echt kreativ und haben ein kleines Dorfzentrum mit einem Dorfladen, einer Arzt- und Physiopraxis, einen Blumenladen eingerichtet. Echt ein guter Treffpunkt.
5 Sätze vorher habe ich über Marschieren geschrieben und jetzt tatsächlich werde ich in einer Kaserne nächtigen. Natürlich keine echte Kaserne mehr, aber es gibt hier noch Raketen in einem Museum der Nationalen Volksarmee. Umgebaut als Eventlocation gibt es hier auch ein riesiges Bogenschießer-Areal und wohl auch viele große Partys, das Evita. Evita, da war doch was… aber klar, da haben wir in Göttingen ein beeindruckendes Musical gesehen mit der argentinischen Freiheitskämpferin. Solidarität, Liebe und Freiheit. Das wünsche ich mir aktuell für die Ukraine.
Ich habe wieder ein großes Zimmer, im Nebengebäude, bekommen und kann mich vom Tusch erholen.
Ach so, für meine Pilger-Schatzkiste zu Hause habe ich was tolles in der Pampa gefunden. Seht selbst auf dem Foto, was es ist.
Bis morgen Leute.