Ist diese Pilgerwanderung von Rostock nach Bad Wilsnack ein Abenteuerurlaub und ein Geduldstest? Beides stand heute auf der Tagesordnung.

Bereits um 6.15 Uhr klingelte der Wecker, den ich mir aufgrund der Wettervorhersage extra früh gestellt habe, damit ich bis zu meinem Zielort Pirow trocken ankomme. Gefühlt habe ich gar nicht geschlafen, es schwirrten nämlich Geister in meinem Kopf, obwohl ich die nicht rief. Egal, raus aus den Federn…

Bereits um 6.45 Uhr war ich schon in der Bäckerei. Von den Preisen her eine Edelbäckerei… 7,95€ für zwei Brötchen, Butter, Portionsmarmelade und einen Pott Kaffee. Gute Gewinnspanne von 5€.

Um 7.30 Uhr startete ich dann los auf die geplante Strecke über Slate, Poitendorf, Poltnitz, Meierstorf, Drefahl, Neudrefahl, Muggerkuhl bis Pirow und das mit herrlichem Sonnenschein. Mein Weg führte mich entlang des Kanals Elde in Parchim, das war schon etwas besonderes, denn ich hörte dort das Schnattern der Enten, das Gezwitschere der Vögel und das Fließgeräusch des Wassers. Gut für die Morgenstimmung.

Die wenigen Wegmarkierungen (gelbe Pfeile) waren sehr eindeutig, doch ich musste mich immer wieder über die App maps.me vergewissern, ob ich auf dem richtigen Weg war, Beamter eben. Das hat ein bisschen genervt…

Bis Polnitz musste ich schnurgerade durch ein langes Waldgebiet wandern. Weit und breit keine Häuser und keine Menschen zu sehen. Sehr komisch. Ich wusste bald warum, denn als ich aus den Ruhner Bergen herauskam war dort ein Eingangsschild aufgestellt: „Achtung Lebensgefahr – Betreten auf eigene Gefahr. Kampfmittelbelastetes Gebiet“. Und da bin ich durch ohne Ahnung, was für eine Gefahr entstehen könnte. Warum stand auf der anderen Seite eigentlich kein Schild? Nicht lustig liebe Jakobwegsplaner und Behörden… Es sollte aber für mich noch heftiger kommen.

Nach Neudrefahl sollte ich eigentlich über die Landesgrenze zwischen Mecklenburg Vorpommern nach Brandenburg wandern. Was war das denn da: ein 1,50 Meter hoher Zaun versperrte den Jakobsweg. Kein Hinweisschild, einfach nur zu. Über maps.me eine Alternativroute gesucht und gefunden. Umweg gelaufen… wieder ein Zaun. Immer konnte ich von weitem die gelben Pfeile sehen.

Was ist hier los? Gegoogelt und tatsächlich fündig geworden: hier grassiert im  Grenzabschnitt Parchim – Muggerkuhl die afrikanische Schweinepest. Oh nein und sogar noch ein 2. Verseuchungsfall vor zwei Monaten. Das Gebiet wurde in einem Radius von 4 Kilometern eingezäunt. Und ich in der Sackgasse.. Ich will hier raus, besser ich muss hier raus!!! Auf der App sah ich einen Schießstand am Waldrand angegeben. Kurz überlegt und entschieden diesen Weg zu nehmen, denn da müssen doch Leute mit ihren Autos hin und ich kann dann über die Straße raus aus dem Pestgebiet.

Doch kurz vor dem Zwischenziel versperrten mir zwei Zäune den Weg, ein Elektrozaun und der Maschendrahtzaun. Ich also erst rüber über den Elektrozaun mit meinem Rucksack, gut dass er nur 60cm hoch war. Dann über den Maschendrahtzaun, erst in eine Masche getreten… ja die Masche hält. Dann rüber mit dem rechten Bein und in eine andere Masche den Wanderschuh gestellt.  Es wackelte ohne Ende …. ich hatte übrigend immer noch meinen Rucksack auf dem Rücken geschnürt. Dann wollte ich das linke Bein nachziehen, doch der Schuh klemmte in der Masche. Geduld, Geduld Brauner, sagte ich zu mir…. Dann habe ich den rechten Schuh in eine weiter entfernte Masche gestellt und deshalb war der Druck bei der Masche beim linken Schuh raus und ich konnte mich befreien und schwupps stand ich schon auf der anderen Seite und hatte festen Boden unter den Füßen. Glück gehabt. Super, liebe Jakobswegplaner und liebe Behörden… danke für Eure Weitsicht und der Wegumplanung. Ach so, nicht geschafft oder vergessen? Mein Kommentar: …..

Aber mein Zeitplan, auch mit dem Blick auf die dunklen Regenwolken, kam durcheinander. So beschloss ich den Restweg bis Pirow quasi Luftlinie über die Felder mit Tempo zu wandern, als Feldpilger. Hat bestens geklappt, doch durch den starken Wind kamen die Regenwolken näher… und natürlich habe ich zwei Kilometer vor dem Ziel Pirow noch einen Regentusch mit Hagelkörnern abbekommen. Hardcore.
Jetzt bin ich in der Pension angekommen… und natürlich hatten die mich nicht als Übernachtungsgast auf dem Plan. Bin ja erst 30,55 Kilometer gewandert… Freundlich sind Sie hier in der Pension und Pizzeria Pinocchio. Habe ein Gästezimmer im Nebenhaus bekommen. Sehr einfach eingerichtet,  eher noch einfacher. Die Dusche brachte viel heißes Wasser heraus, so dass ich mich wieder richtig aufwärmen konnte. Und das abendliche Essen im Pinocchio war einfach unbeschreiblich klasse. Im Saal war gerade eine Junggesellen-Abschiedsfeier. Haben die schon früh Party gemacht… Hammer. Gut, das ich im Nebenhaus schlafe…
Mein Tagesfazit deshalb: Ende gut, alles gut.

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

2 Gedanken zu „Afrikanische Schweinepest, Kampfmittel und Feld- und Zaunpilger“
  1. Wow, das war ja richtig aufregend! Mitten in Deutschland, und so „ungeordnet“. Ist das eigentlich typisch für die neuen Bundesländer? Mir kommt es so vor….. Liebe Grüße, Brigitte

    1. Du hast recht Brigitte, erst das Thema mit dem Hackerangriff und der Nichtverfolgung der 3000 Strafsünder und jetzt die Sperrung eines bedeutenden Jakobsweges ohne Umleitungen anzugeben. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim scheint schon sehr speziell zu sein.

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