Gleich vorweg, dieser Beitrag wird richtig lang. Versprochen. Für heute hatte ich nur eine kurze Strecke von 14 Kilometer bis nach Oberellen geplant. Trotzdem war ich nach einer sehr entspannten Nacht schon um 7.15 Uhr beim Kaiserfrühstück im Kaiserhof. Ich bin ja vierfacher Harzer Wanderkaiser. Trotz der wenigen geplanten Kilometer versorgte ich mich gut für unterwegs. Ihr wisst ja, ich frage vorher, ob ich was für die Wegstrecke mitnehmen darf. Bei bestem Kaiserwetter ging die Wanderung pünktlich um 7.45 Uhr los. Gleich rauf zur Wartburg, ca. 200 Höhenmeter auf nur 1,4 Kilometer Strecke. Und das am frühen Morgen, da musste ich mich erstmal oben schütteln. Tolles Highlight meiner Pilgerwanderung von Görlitz nach Vacha: die Wartburg. Die Geschichte zur Wartburg etc. findet ihr hier: www.wartburg.de // Und die Deutschlandfahne war gehisst!!! Wurde ich etwa besonders begrüßt? Natürlich habe ich sofort die Nationalhymne angestimmt: Einigkeit und Recht und Freiheit… gesungen, den Sicherheitsmann habe ich natürlich nicht wahrgenommen. Nein, es war mir nicht peinlich. Ist doch unser Vaterlandslied. Sollte ich auf der hier oben liegenden Sängerwiese damit gepunktet haben? Warum eigentlich Sängerwiese? Hier gab es um 1200 einen Sängerwettstreit, u.a. mit dem lieben Walther von der Vogelweide…. Also heute hätte ich gewonnen: als Wanderbruder von der Pilgerreise….

Es ging heute oft aufwärts aber auch oft abwärts. Dann schon erreichte ich die Wildesau, ein Erholungsplätzchen auf dem Plateau. Das war bisher der beste Abschnitt meiner Pilgerwanderung von Görlitz nach Vacha. Auf dem Kammweg wandern und herrliche Fernblicke genießen. Einfach toll. Eine Zeitlang bin ich sogar auf dem Rennsteig gewandert. Sehr gut ausgebaut mit vielen Rastmöglichkeiten.

5 Kilometer vor Oberellen verließ ich den Rennsteig und es ging stetig bergab. In Hütschhof habe ich die neusten Modelle von Straßenlaternen gesehen. Ich glaube die sind noch von vorm Krieg… in Oberellen angekommen hörte ich gerade das Geläut eines Bäckerwagens. Ich schnell hin: heute durfte es Torte sein. Heidelbeerjoghurttorte. Mensch war die lecker. Ein Powerkuchen. Gleich mehr.

Bei der Pension Stützel hatte ich vor einigen Tagen ein Einzelzimmer mit Dusche reserviert. Dort angekommen, da begann das Glück im Unglück. Keiner da, ok es war auch erst 12.00 Uhr. Der Sohn konnte mir nicht helfen, er war hier wohl nur der Müllmann, zumindestens schleppte er alle paar Minuten wieder was an. Der Opa konnte schlecht hören und sehen, aber der war total nett. Dann kam die Chefin. Sie wollte mir die Hand geben: sorry sagte ich „Corona?“. Auch meine Frage, ob es die Möglichkeit besteht, hier eine Waschmaschine mit Wäsche aufzusetzen. Nein, dass machen wir nicht. Ok, sehr saubere Frau, dass muss ich akzeptieren. Im Übrigen ist das Wasser abgestellt, da hier im Ort eine Baustelle ist. Ich fragte, so spontan? Wussten Sie nicht das schon bei meinem Anruf? Wieder egal. Sie zeigte mir die Pilgerwohnung. Brauchen Sie Bettwäsche? Ich hatte natürlich bei meinem Anruf dieses schon geäußert. Wieder egal. Und ich sah, was nicht zu übersehen war, eine Dreckbude. Nein, ich wollte nicht zu den Pilgern gehören, die dieses einfach hinnehmen. Für einen Waschvorgang zu fein zu sein und dann so etwas. Umdisponiert und verabschiedet. Gut, dass der Kuchen mir Power gegeben hat. Den besonderen „Kick“.

Diesen Kick brauchte ich auch. Denn jetzt sollte es nach Vacha gehen, dem Endort des ökumenischen Pilgerwegs. 16 Kilometer schon gewandert und jetzt noch mal 24 Kilometer. Egal, weiter. Weiter ist mein Spruch, wenn es nicht schnell genug geht: mit Entscheidungen und so. Ja, heute sollte es gehen: Kaiserwetter und keine Fußschmerzen. Also strammen Schrittes noch weitere 300 Höhenmeter erklommen, über mit Strom geladene Weidezäune gestiegen und dann um 17.30 Uhr in Oberzella gelandet. Viele Kilometer bin ich auf dem Grenzweg der deutschen Geschichte gelaufen. Grenzgängerpilger. Über die Brücke der Einheit bin ich dann in Vacha angekommen. Das war schon sehr emotional. Durch ein Haus ging sogar die innerdeutsche Grenze. Krass.

Am Brunnen auf dem Marktplatz zeigte mein Handytacho bereits 40 Wanderkilometer. Und dann läuteten für mich die Glocken. Es war Punkt 18.00 Uhr. Das Endziel des ökumenischen Pilgerwegs von Görlitz nach Vacha auf der ViaRegia ist geschafft. Ich blickte dankend zum blauen Himmel.

Bei Edith im Hotel Adler noch ein frisches alkoholfreies Weizenbier bestellt. Schnell bekommen, schnell ausgetrunken und schnell aufgesprungen. Nätürlich auch den Pilgerstempel ins Heft schnell gestempelt. Es sollte noch weitergehen, denn mein gebuchtes Quartier liegt in Sünna. Um 19.45 Uhr bin ich dann im Keltenhotel angekommen. Noch gut gegessen und dann aufs Zimmer. Hey liebe Leute, jetzt bin ich Marathonpilger und habe meinen Rekord von knapp 40 Kilometer auf der Pilgerwanderung von Nürnberg zum Bodensee deutlich geknackt. 47,78 Wanderkilometer und davon die letzten 2,5 Kilometer noch mit 100m Höhenunterschied rauf und einen mindestens 8 Kg leichten Rucksack. Glücklich und zufrieden und echt noch gut drauf, weil ich die Heidelbeerjoghurttorte gegessen habe.

Nur weil mein Adrenalinspiegel noch so hoch war, konnte ich noch schreiben. Heute Abend, denn es ist schon nach Mitternacht: mehr zum Keltendorf, das Auslaufen nach Fulda, den Umweltpilger, einen VW-Käfer und, und, und …

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

2 Gedanken zu „Marathon-Pilger, Nationalhymne und Heidelbeer- Joghurttorte“

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