Uff, jetzt ist es schon fast vier Wochen her, dass ich mit meinem Enkelsohn auf dem Jakobsweg Via Scandinavica auf der Teilstrecke von Sarstedt bis Hildesheim gewandert bin. Als Pensionär habe ich wenig Zeit und kann natürlich auch nicht jeden Tag schreiben. Gleich vorweg: es war ein schöner, langer Wandertag. Und hier der ersehnte Bericht:

Unsere Tochter fuhr uns beide (Enkelsohn und mich) mit dem Auto zum Ostbahnhof nach Hildesheim. Dort warteten wir auf den Zug aus Bad Harzburg (RE 10), der uns nach Sarstedt bringen sollte. Eigentlich fahre ich oft in die andere Richtung in den Harz zu unserer Ferienwohnung nach Hohegeiß. Am Bahnsteig kamen wir gleich mit einem Wachmann von der Wach- und Schließgesellschaft Hannover ins Gespräch. Er musste zur Verbrauchermesse „Infa“, die mit einem besonderen Hygienekonzept die Durchführung der Messe vorgesehen haben. Irgendwie wirkte der Mann gefährlich mit seinem langen grauen Mantel und den gewölbten Taschen um seine Hüfte herum. War da eine Pistole drin? Nee, es war Pfefferspray, was herausguckte. Schade, dass der Wachmann so viel gequalmt hat, es stinkte ekelig nach Zigarettenrauch. Igitt. Der Zug kam pünktlich an und wir fanden schnell das Abteil der 1. Klasse.

In Sarstedt angekommen sah der Enkelsohn als Erster die Achse einer alten Lokomotive. Ich wäre glatt vorbeigelaufen, aber Kinder sehen anders und sind auch in kleinen Dingen aufmerksamer. Auch die „Schnuttenpullis“ im Einzelhandelsgeschäft in der Bahnhofstraße sah der Enkelsohn zuerst. Das sollte mich den ganzen Tag begleiten. Vorm Standesamt in Sarstedt erzählten wir noch über die Hochzeit der Tante und des Onkels. Wollen wir die spontan besuchen? „Aber klar“, sagte der Enkelsohn freudestrahlend. Nach 1,5 Kilometer erreichten wir die Straße „Am Ried“. Auf dem Weg dort hin besprachen wir schon den „Schlachtplan“. „Sturm“-Klingeln war unsere Vereinbarung. Das übernahm natürlich der Enkelsohn. Die Tür öffnete sich und wir mussten zwei Stockwerke hoch in die Wohnung. Dort machte uns die Tante noch sichtlich müde auf und begrüßte uns besonders herzlich. Der Onkel war schon fleißig im Homeoffice. Und auf die nächsten zwei Kilometer des Jakobswegs begleitete uns die Tante mit. Überraschung gelungen. Hat der Enkelsohn auch hier Taschengeld bekommen? Ich weiß es nicht, es soll sein Geheimnis bleiben.

Von weiten konnten wir schon die Zuckerfabrik von Nordstemmen sehen, besser riechen. Heute waren unsere Nasen schon sehr gefordert. In Giesen sahen wir schon den weißen Berg des Kalibergwerks. Durch die unterschiedliche Sonneneinstrahlung wirkte der Berg mal grau und dann mal wieder leuchtend weiß.

Als wir in Hildesheim angekommen sind, da hatten wir schon 15 Kilometer auf dem Tacho. Schon eine Spitzenleistung eines Sechsjährigen. Ok, wir hatten natürlich von Omi zwei toll gefüllte Brotdosen mit Wegzehrung mitbekommen, aber die waren in Hildesheim schon ratzekahl leergefressen. Wandern macht hungrig. Also musste in Hildesheim gleich noch ein Eis dazu.

Zuletzt war ich im Mariendom in Hildesheim als Messdiener vor ca. 45 Jahren, ich habe diesmal mit dem Enkelsohn nichts wieder erkannt. Auch an den großen erhabenen Leuchter habe ich mich nicht erinnert. Im Dommuseum gab es dann einen schönen Stempel zur Erinnerung.

Wir hatten Zeit, deshalb haben wir dann noch das Roemer- und Pelizaeus-Museum besucht. Natürlich nicht Mumien angeschaut, sondern nur in der Sonderausstellung über Kräne, Brücken und Lokomotiven – die Metallbauwelten von Märklin, Trix und Stabil umgeschaut. So einen Metallbaukasten von Trix hatte ich als Kind auch. Der Enkelsohn war begeistert und die ca. 3 Meter lange Brücke und der Eiffelturm fand er besonders schön.

Und wie sich die Zeiten wiederholen, der Enkelsohn trug eine Cordhose. Das war früher schon einmal modern. Ich erinnere mich eher nicht so gut daran, denn als wohl 10-jähriger habe ich zu Weihnachten von meinen Eltern auch eine Cordhose bekommen. Und das war das einzige Geschenk, keine Spielsachen. Ein Trauma. Ich hatte an diesem Weihnachtsfest trotzdem Glück, von der Patentante Bärbel habe ich wieder zwei Bücher von Pitje Puck den Postboten geschenkt bekommen. Dann war alles wieder gut, aber nicht vergessen.

In der Gaststätte „Schulz“ am Moritzberg haben wir uns kräftig gestärkt und viel Spaß gehabt. Mit den geschriebenen Karten haben wir Memory gespielt und natürlich habe ich den Enkelsohn inspiriert, Menschen zu beobachten. Er sollte sich alle Gäste anschauen, deren Haare gefärbt sind. War das lustig und sogar Männer färben ihre Haare stellte er fest.

Bei der Jugendherberge war dann leider die schöne Pilgerwanderung zu Ende und als Erinnerung hat der Enkelsohn vor ein paar Tagen von der Omi (mein Auftrag) eine echte Jakobsmuschel geschenkt bekommen. Die hängt jetzt über dem Schreibtisch.

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.