Gestern Abend habe ich, wie jeden Abend, mit meiner Frau telefoniert. Sie bat mich die neue Aufgabe für diese Pilgerreise zu kombinieren. Ich höre fast immer auf meine Frau🙃. Jeden Tag gibt es wieder ein Kärtchen in 5 Variationen zur Stärkung der Aufmerksamkeit: die Sinnesorgane Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken, Hören. Da werde ich in meinem Pensionärsleben aber noch mal richtig gefordert. 1. Karte Lächeln, 2. Karte Hören. Also jetzt geht aber endlich der Beitrag los…

Nach einem ausgiebigen Frühstück musste ich bereits 2 Kilometer vom Hotel bis zum Dom laufen. Und was sehe ich da nach 200 Metern, einen großen Smiley auf dem Bürgersteig. Zufälle gibts, die gibst ja gar nicht… Der St. Petri Dom (eine Kombikirche: evangelisch/katholisch) machte gerade auf und ich hörte schon Livemusik einer Kirchenband. Komisch.

Gestern bin ich zu viel gewandert.. viele viele Kilometer auf Asphalt und heute sollte wieder unendliche Teerstraßen dazukommt. Was habe ich gelacht… Nee, die Fersen schmerzten ohne Ende, da der Boden nicht nach gibt. Kenn ich noch von meiner Pilgerwanderung von Nürnberg nach Konstanz. Egal weiter, weiter – wie im wahren Leben. Aufgemundert wurde ich mit einer Miniatureisenbahnanlage auf einem Grundstück in Salzenforst. Die Schienen sind übrigens aus Messing, damit sie nicht rosten – eine regelmäßige Reinigung ist aber erforderlich. Tolles Hobby – was würde wohl meine Frau sagen: ich weiß, habe ich mich da etwa verhört?

Gehört habe ich heute viel, die angrenzende Autobahn, einen Hund, ein Segelflugzeug, einen Trabbi, Spatzen in einer Eiche, wie bei unserem Nachbarn, Motorräder, Glockengeläut u.s.w. Und gehört habe ich meine innere Stimme, die mich immer wieder erinnerte, das sind schon Schmerzen…. Am Milleniumsdenkmal oberhalb von Niederuhna musste erstmal Druckpflaster drauf. Dann kam der innere Schweinehund: du kannst doch einfach im nächsten Ort für heute aufhören… nee. Meine innere Vernunft führte mich dann bis Croswitz = 19,54 Kilometer. Ich hörte von weitem Glockengeläut und schon war ich in der sorbisch katholischen Kirche. Und heute war Erstkommunionfeier. Ich setzte mich ganz hinten hin und hörte zu. Die sorbische Sprache verstand ich nicht, aber die Rituale. Die Mädchen hatten weiße traditionelle Kleider mit einer weißen Kappe und einem herunterhängenden Schal an. Die Jungs mit Anzug und Fliege. Ein Mädchen spielte Flöte und alle Erstkommunionkinder sangen hervorragend lieblich im Chor. Ich Schloß die Augen und war in einer anderen Welt. Und das in Deutschland. Die Sorben sind ein westslawisches Volk, das in der Lausitz zu Hause ist. Auch die Eltern waren festlich gekleidet – bei den Liedern sangen alle mit und ihre Gesichter strahlten mit einer großen Herzenswärme. Ich war die ganze Zeit dabei und vergaß die Zeit. Einfach herrlich sich auf was neues einzulassen. Mit Gesang zogen zum Schluss die Kommunionskinder durch den Mittelgang mit dem Pfarrer zur Kirche hinaus. Die Ministranten schwenkten den Weihrauch aus dem Behältnis heraus und ich atmete ihn tief ein. Herrlichst. Ich lächelte wahrscheinlich über das ganze Gesicht, denn vor der Kirche wurde ich als Pilger wahrgenommen und viele wünschten mir einen guten Weg. Gleich nach 500m erreichte ich die Pilgeroase von Croswitz. Wohlfühlen leicht gemacht. Dazu gibt es verdientermaßen einen eigenen Beitrag.

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.