Gestern Nachmittag habe ich auf dem Marktplatz von Dahlen noch das Pilgerehepaar Nannette und Michael getroffen. Sehr freundliche Pilger, die auch schon von Görlitz unterwegs sind. Beim Kloster Marienstern habe ich sie wohl ungesehen überholt. Natürlich frage ich auch gern, wo sie herkommen und, und, und … Und sie kommen aus Simmern. Upps, da war doch noch was: da hat mein Wanderbruder Peter bei einer Fertighausfirma gearbeitet, die OKAL übernommen hatten. Er war fast zwei Jahre von Montag bis Freitag als Architekt vor Ort in Simmern. Wir plauderten munter weiter…. beide wandern auch bis Vacha. Ich fragte habt ihr denn solange Urlaub? Ganz zögerlich kam heraus: wir sind beide Lehrer. Also ich muss jetzt mal eine „Lanze brechen“ für LehrerInnen. Ihr macht einen tollen Job, habt unseren Kinder viel beigebracht und sie zur Selbstständigkeit erzogen. Meine Frau und ich lassen uns gern auch heute immer noch die Meinung sagen. Allein als LehrerIn täglich diese Geduld aufzubringen und sich um jede/n SchülerIn individuell zu kümmern. Vorbildlich. Und in den heutigen Klassen noch mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen zu recht zu kommen und keinen auf der Strecke zurückzulassen, dass bedarf schon Geduld. Ihr habt es verdient, auch im Sommer länger Urlaub zu machen, denn viele von euch haben keine 38,5 Stundenwoche. Das musste ich jetzt mal los werden, obwohl das heutige Wort „können“ heißt. Und steht zu eurer „Berufung“!

Nach einer geruhsamen Nacht und einem einfachen Frühstück ging es wieder auf „Strecke“ und bereits nach 150 Metern habe ich die Übeltäterin auf frischer Tat ertappt. Ich wisst schon, meine große Blase und Druckstellen an der rechten Ferse. Es ist meine innenliegende, orthopädische Schuheinlage, die ein zu kurzes Bein ausgleicht. Egal, raus damit und oh Wunder der Schmerzgrad ging von 5,87 auf 2,05 zurück. Macht 3,82% Schmerznachlass bei meiner besonderen Prozentrechnung (sh. Vorbericht).

Nun gut, ich konnte deutlich besser gehen. Hier in der östlichen Region unseres Landes gibt es selten Fußwege vor den schicken, renovierten Häusern, aber es gibt überall frisch geharkte Wege mit Erde und Steinen. Es ist mir immer eine besondere Ehre darüber zu laufen. Herrlich. Ich könnte auch daneben gehen – mache ich aber nicht.

13-jähriger fährt Motorradrennen auf dem Jakobsweg – Vater erfüllt sich seinen Kindheitstraum…

In Börin sehe ich in einem Vorgarten einen älteren Herrn, der typisch für diese östliche Region ein weißes Unterhemd und Jogginghose trug. Er wünschte mir eine gute Wanderung und betonte, dass ich trotz der ersten sechs Kilometer sehr entspannt wirkte. Mein Angebot mich noch fast 20 Kilometer zu begleiten, schlug er lachend aus. Verstehe ich nicht….

Kurz nach Börin, auf dem Abzweig zum gemeinsamen Luther-/Jakobsweg, hörte ich Motorradgeräusche. Und dann sah ich ihn schon, ein junger Knirps mit seiner Crossmaschine kam auf mich mit vollem Tempo zu und fuhr knapp an mir vorbei. An einem Jägerstand lehnen sah ich den Vater, eine Hand in der Hose: wahrscheinlich mit Stoppuhr. Wir kamen kurz ins Gespräch und meine Vermutung hat sich bestätigt: der 13-jährige erfüllt Vaters Kindheitstraum. Und schwupps sauste der Junior wieder vorbei. Was wohl Martin Luther oder Bruder Jakob dazu gesagt hätten?

Die erste und einzige Pause machte ich in Körlitz, in dem Ort, wo der Schiedsmann „Friedensrichter“ heißt und der Mitgliedsbeitrag des Kleingartenvereins zur Jahreshauptversammlung noch in bar mitgebracht werden muss.

+++Eilmeldung+++ Junior steht vor großer Herausforderung

Und in Wurzen angekommen, hörte ich unfreiwillig einem Handygespräch mit, die Mutter hatte auf „laut“ gestellt. Die Eltern sind wohl im Urlaub hier und Junior fragte seine Mami, wie denn die Waschmaschine funktionieren würde, seine Jeans müsste unbedingt heute gewaschen werden. Mami war sehr bemüht, es zu erklären. Papi platzte bald der Kragen und riss Mami das Handy aus der Hand und schrie rein: schau Dir ein Video auf YouTube an. Mami riss sich das Handy zurück und erklärte geduldig weiter. Erst als ich richtig, richtig laut lachte, da bemerkten sie mich. Schön peinlich. Den Anruf wie der Trockner funktioniert, den habe ich aber nicht mehr mitgekriegt.

Untergekommen bin ich im Gasthof zur Post. Schick. Etwas für die Seele nach 24,67 Kilometer und vielen Eindrücken….

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.