Der heutige Abschnitt des sächsischen Jakobswegs von Stollberg über Neuwürschnitz, Oelsnitz, Härtensdorf und Reinsdorf bis nach Zwickau war eine Herausforderung der lauten Art. Zwischen Autobahnlärm, veralteter Wegbeschilderung und einem nervenkitzelnden Abkürzungsabenteuer wurde dieser Wandertag zu einem spannenden Erlebnis.
Frühstart mit Leggings-Entdeckung
Der Tag begann früh: Bereits um 5:45 Uhr klingelte mein Wecker. Als älterer Herr brauche ich meine Zeit für die Vorbereitungen, und um 6:45 Uhr machte ich mich zu Fuß auf den Weg zur Bushaltestelle Zentrum in Zwickau. Von hier aus ging es erst mit dem Bus und später mit einer Bahnfahrt nach Stollberg.
Diesmal war mir nicht kalt – dank der langen Leggings zum Unterziehen von meiner Frau, die ich im Schrankfach unseres Wohnmobils entdeckt hatte. Ein Glücksfund, denn der Wetterbericht hatte nichts Gutes verheißen. Aber der Wetterbericht hatte sich getäuscht – doch drei Grad Außentemperatur und nur zwei Stunden Regen.
Der „Autobahn-Tag“: Lärm und veraltete Schilder
Ein Großteil des heutigen Weges verlief in Sicht- oder Hörweite der Autobahn A72. Rund zwei Drittel der Strecke waren davon geprägt – ein eher unangenehmer Wanderabschnitt. Der konstante Verkehrslärm ist nicht nur störend, sondern kann auch gesundheitsschädlich sein. Ich frage mich, wie die Menschen in den nahegelegenen Wohnhäusern – teilweise nur 50 Meter entfernt – mit dieser Dauerbelastung leben.
Kurz vor Oelsnitz begegnete mir dann ein Kunstwerk namens „Zeitstrudel“. Gigantisch in seiner Erscheinung, aber ehrlich gesagt fehlte mir die Ruhe, um es wirklich zu würdigen. Der Lärm der Autobahn blieb ein ständiger Begleiter.
Leider war auch die Beschilderung mit den charakteristischen Jakobsmuscheln nicht optimal. Viele Schilder fehlten oder waren so verblasst, dass sie kaum erkennbar waren. Bis zum Ende des Erzgebirgskreises zog sich dieses Problem durch. Ich werde dem Ehrenvorsitzenden Heinz Werner schreiben – vielleicht kann er das Thema im Vereinsvorstand ansprechen.
Rast ohne Proviant, aber mit Aussicht
Nach rund 15 Kilometern erreichte ich eine Autobahn-Unterführung mit einem spektakulären Talblick. Perfekt für eine Rast! Doch als ich meinen Rucksack öffnete, stellte ich fest: Meine grüne Brötchendose mit belegten Broten, Möhren und Apfelstücken hatte ich im Wohnmobil vergessen. Kein Proviant? Egal, meinem Gewicht tut es gut, und die Aussicht entschädigte für alles.
Baustellen und Bäckerei-Freuden
In Reinsdorf führte mich der Weg sogar direkt an der Autobahn entlang. Hier wäre eine alternative Route dringend nötig – vielleicht über Neuschönburg? Eine Idee, die ich ebenfalls an Heinz Werner weitergeben werde.
Trotz Baustelle bahnte ich mir meinen Weg und entdeckte schließlich eine Bäckerei. Mit Heißhunger bestellte ich ein Doppel-Mettbrötchen – oder wie man hier sagt: „Hackepeter“. Es war ein amüsantes Hin und Her mit der Verkäuferin, bei dem wir uns einig waren: Beide hatten Recht. Zum Abschluss gönnte ich mir noch ein Plunderstück mit Heidelbeeren. Herrlich!
Nervenkitzel über der Zwickauer Mulde
Am Ende des Tages wollte ich nur noch schnell zum Wohnmobilstellplatz in Zwickau. Statt den offiziellen Weg zu nehmen, entschied ich mich für eine Abkürzung über eine stillgelegte Bahnbrücke. Obwohl Warnschilder und der Zustand der Brücke klare Hinweise auf Vorsicht gaben, wagte ich es.
Unter meinen Füßen klapperten Metallgitter, und durch die Lücken sah ich die Zwickauer Mulde unter mir. Ein mulmiges Gefühl, aber manchmal braucht man den kleinen Nervenkitzel, um das Ziel schneller zu erreichen. Nach der Brücke führte mich eine Metalltreppe hinunter, durch ein Werksgelände und schließlich durch ein offenes Tor wieder hinaus.
Fazit: Ein anstrengender, aber lohnender Tag
Nach 29,87 Kilometern war ich erschöpft, aber zufrieden. Der heutige Abschnitt war nicht der idyllischste Teil des sächsischen Jakobswegs, aber er hat gezeigt, wie vielseitig Wandern sein kann.