Heute hieß es Abschied nehmen – von der Strecke, vom Rhythmus der täglichen Kilometer und von den intensiven Erlebnissen, die mich auf dem Jakobsweg von Bautzen nach Hof begleitet haben. Mein letzter Wandertag begann früh: Um 4:50 Uhr stand ich auf und startete um 5.45 Uhr meine Reise mit Bus und Zug nach Oelsnitz im Vogtland, um um 7:30 Uhr die finale Etappe zu beginnen. Was folgte, war ein Tag voller Emotionen, Herausforderungen und triumphaler Momente.
Ein Bahnhofsgespräch, das bewegt
Noch am Vorabend war ich am einsamen Bahnhof in ein nachdenkliches Gespräch verwickelt. Während ich eine Stunde auf den nächsten Zug wartete, traf ich Betty (Name geändert), die mit ihrer beeindruckenden französischen Dogge unterwegs war. Zuvor hatte ich sie mit einem etwa zehnjährigen Kind im Bus gesehen. Doch das Kind war nicht mehr bei ihr. Auf meine Frage hin erzählte sie leise und sichtlich bewegt: „Ich habe mein Kind gerade wieder in der Klinik abgegeben. Dort wird ihr geholfen, die häusliche Gewalt des Vaters zu verarbeiten.“ Ihre Geschichte ließ mich nicht los. Warum tun sich Menschen so etwas ungerechtes an? Doch Betty sprach auch von Hoffnung und der Kraft, jeden Tag ein Stück besser zu machen.
Die letzte Etappe: Von Oelsnitz nach Hof
Mit dieser Begegnung im Herzen begann ich meinen letzten Wandertag. Um Kraft zu sparen, entschied ich mich, von der Jakobsweg-Route abzuweichen und direkt über Lauterbach und Triebel zu gehen. Statt der geplanten 36,5 Kilometer wurden es letztlich 32,54 Kilometer – herausfordernd genug! Die verschneiten Waldwege verlangten mir alles ab: rutschige Abschnitte, steile Anstiege (648 Höhenmeter!), Schneestürmchen und kühle Temperaturen. Doch die Landschaft entschädigte mit ihrer winterlichen Schönheit.
Besonders beeindruckend war das Dreiländereck, wo Bayern, Sachsen und Tschechien aufeinandertreffen. Ein besonderer Moment für mich. Auch der Amateur-Funkturm und der historische Kolonnenweg waren Highlights, die meinen Weg säumten. Und dort vor Ort habe ich ein Video gemacht: https://www.facebook.com/bernhard.kruppki.9/videos/1204169997343325
Durch kleine Orte wie Kugelreuth, Mittelhammer, Nentschau und Trogenau führte mich die Strecke jetzt auf bayrischen Gebiet. Schließlich erreichte ich nach 7,5 Stunden Fußmarsch mein Ziel: die St. Lorenz-Pfarrkirche in Hof.
Ein triumphaler Abschluss
Der Moment, als ich die Kirche erreichte, war von Stolz und Erleichterung geprägt. Hof war mir nicht fremd – ich war von hier aus schon einmal nach Nürnberg gepilgert – doch dieser Abschluss fühlte sich besonders an. Insgesamt habe ich auf dem Jakobsweg von Bautzen nach Hof 308,76 Kilometer zurückgelegt. Mit 61 Jahren einen Tagesdurchschnitt von 26,85 Kilometern über 11,5 Wandertage zu schaffen, erfüllt mich mit Freude und Dankbarkeit.
Heimkehr und ein warmer Empfang
Nach einem Foto von Ceylan und einer kurzen Verschnaufpause ging es mit dem Wohnmobil zurück nach Hause. Nach vier Stunden Fahrt war ich endlich da – und meine Frau nahm mich mit offenen Armen in Empfang. Ihre Wärme machte den perfekten Abschluss dieses besonderen Tages.
Für ein umfassendes Fazit meiner Reise werde ich einen eigenen Bericht verfassen. Doch eines ist sicher: Dieser letzte Tag hat mich noch einmal gelehrt, wie kostbar jede Begegnung, jeder Schritt und jede Herausforderung auf einer solchen Reise sind.
Seid gespannt auf meinen Abschlussbericht!