Ich bin in der Blütezeit meines Lebens. Eigentlich wusste ich das schon vorher… Aber ist das wirklich so? Also hatte ich mich zum Seminar „Blütezeit statt Ruhestand“ im evangelischen Bildungshaus Potshausen in Ostfriesland angemeldet. Ein Bildungsurlaub auch für Ruheständler, der von meiner Ehefrau genehmigt wurde. Fünf Tage lang viele, viele liebe Menschen kennen und schätzen gelernt. Und sehr offene, ehrliche, vertrauenswürdige, schicksalhafte, lustige, spaßige und interessante Gespräche geführt. Oder ich hab einfach nur zugehört, was mir ja bekannterweise schwer fällt. Über die Inhalte des Seminars (Bild) könnte ich einen eigenen Beitrag schreiben, aber dann hätte ich ja persönlich nichts mehr zu erzählen.

Natürlich habe ich mir auch wieder einen freien Tag genommen. Blütezeit eben. Ich habe während des Seminars so viele Schätze aus meiner Vergangenheit wieder entdeckt und das wollte ich mit mir auf einer Wanderung mal in Ruhe besprechen. Gleich nach dem Frühstück und mit einem Fresspaket aus 2 Brotscheiben mit Käse und Schinken, einem Brötchen mit Mettwurst und zwei Flaschen Wasser ging es auf Wandertour Richtung Papenburg. Entlang an unendlichen Kanälen (Fehn) und über schöne Brücken und an „spießigen“ Grundstücken und Häusern vorbei. An den meisten Hecken konnte ich bildlich eine „Wasserwaage“ legen und der Rasen wurde auch im Dezember noch frisch gemäht. Aber es gab auch schöne Ideen in den Vorgärten: zu Coronazeiten sind ja die großen Feiern zu Geburtstagen und Hochzeiten verboten. Hier sind die Ostfriesen schon kreativ: wahrscheinlich Familie, Freunde und Bekannte haben den Vorgarten der Geburtstagskinder geschmückt – feiern eben auf Abstand. Gut gemacht (Fotos).

Zur 1. Pause habe ich etwas aus meiner Vergangenheit wieder entdeckt: in einer Traditionsbäckerei gab es Schillerlocken gefüllt mit frischer Schlagsahne und dem Schokoladenüberzug. Also ein Stück abgebissen und Augen zu: ja, ja, ja, den Geschmack kenne ich noch. Ein süßer Erinnerungsschatz.

Nach knapp 24 Kilometern war ich schon in Papenburg. Diesmal war ich nur länger in der Fußgängerzone, die Meyer-Werft hatten wir schon vor einigen Jahren besucht. Alles wie ausgestorben hier, nur wenige Radfahrer mit den berühmten Hollandrädern habe ich gesehen. Gesehen und gesprochen habe ich mit Christoph, einem etwa fünfjährigen Jungen, der mir stolz seinen gebastelten Stern zeigte. Und besonders stolz war er darauf, dass der Stern einlamminiert war. Also, ich habe ihm gesagt, dass das wunderschön aussieht und er sich darüber freuen kann. Gedacht habe ich was anderes…

Mit dem Zug ging es dann weiter in die Kreisstadt Leer. Kurzer Aufenthalt. In der schönen Altstadt mit den schönen alten Häusern, war ich hier etwa in Holland (?), habe ich mir erstmal einen Gühwein gekauft. Bekommen habe ich diesen in einem 0,3l Pappbecher, der nur zu etwa zwei Drittel gefüllt war. Ich habe dann natürlich gleich gesagt, dass der Becher fast „leer“ war, aber das kommt bestimmt nur deshalb davon, weil ich hier in „Leer“ bin, oder? Genauso habe ich mich gefragt bei der „Fahrtrichtungsanzeige“ des Linienbusses, dort stand „Leerfahrt“, ob der mich hier durch Leer kutschiert. Ok, der Witz ist „Asbach uralt“.

Mit dem Bus fuhr ich dann zurück nach Holte, um dann noch den Rückweg nach Potshausen zu wandern. Im Dunkeln, direkt auf der schmalen Landstraße, mit viel Gegenverkehr. Lebensgefährlich. Gut, dass mein Handy eine Taschenlampe hatte… 32,1 Kilometer Wanderleistung waren dann abends zusammengekommen.

Und zum Schluss berichte ich über einen tollen Abschlussabend im Seminar: in der alten Schmiede des Bildungshauses saßen wir wieder für interessante Gespräche zusammen. Gleichzeitig lief hier im Bildungshaus ein Plattdeutsch-Seminar. Ein Teilnehmer aus Hannover unterhielt sich auf Platt mit einer Auricherin aus unserem Seminar. Einfach phänomenal. Zurückgelehnt. Zugehört. Erinnert – an Opa und Muttern, die sich zu Lebzeiten auf platt unterhalten haben.

Das war alles hier in Potshausen beim Seminar so intensiv und offen: jetzt habe ich eine WhatsApp-Gruppe mit den liebsten Menschen. Austausch und Wiedersehen beschlossen. Eben Blütezeit statt Ruhestand.

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.