Los ging’s in Ottersberg, direkt rein ins Bilderbuch-Idyll: bis Fischerhude. Wenn Postkarten laufen könnten, würden sie hier spazieren gehen. Ein Schlagbaum, ein Museum namens „Kunst am Fluss“ und überall Fachwerk, grüne Wiesen und Menschen, die aussehen, als würden sie noch mit der Hand Sense mähen. Fischerhude, das Kaff, wobei Kaff hier eindeutig die schönere Bedeutung hat. Man muss wissen: Fischerhude war mal der Lebensmittelpunkt von Rainer Maria Rilkes Ehefrau — und man merkt’s. Künstlerdorf-Charme ohne überkandidelten Touri-Kitsch. Viel schöner als das überkommerzialisierte Worpswede ein paar Kilometer weiter.

Hier kommt übrigens auch unsere Bio-Milch her, und ich habe mein Krümelbrot stilecht aus der legendären grünen Vesperdose gemümmelt. Premiere: mein erster Stempel ins Kirchbuch. Ich bin jetzt quasi offiziell zertifizierter Wanderbruder.

Danach ab ins Naturschutzgebiet Wümme Wiesen. Eine Vogelvoliere ohne Gitter, überall flattert, zwitschert und quakt es. Dazu leichter warmer Landregen, der meiner Halbglatze noch so einen frischgewaschenen Look verliehen hat. Alte leere Milchtüten, übrigens top geeignet als Kippen-Behälter für rücksichtslose Zeitgenossen, die den Naturschutz nicht ernst nehmen.

Hinter Borgfeld dann schicke Häuser an der Wümme, ganz in Weiß mit Vorzeige-Rosen und Carports für den Zweit-Porsche. Am Kreuzdeichsee vorbei — ein richtiges Naturparadies mit Schilf, Rohrkolben und einer Hochzeitsgesellschaft auf Fahrrädern. Früher sind die Leute noch im Mercedes hupend um den Block gefahren, heute klimaneutral auf E-Bikes mit Blumenschmuck. Zeiten ändern sich. Gut so.

Vorbei an der Schleuse Kuhsiel und dem Kuhgrabensee, direkt an der A27 entlang, was die Romantik wieder ein bisschen erdet. Über eine Brücke drüber und dann kam sie: die Universitätsstadt Bremen. Studenten, Lastenräder und überteuerte vegane Dinkel-Croissants. Ich hab mich tapfer durchgekämpft bis zum Marktplatz und den Bremer Stadtmusikanten einen Besuch abgestattet: ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn. Braucht man nicht erklären, aber für alle Statistikfreunde: 32,78 Kilometer standen da auf meinem Tacho. Ich hab der Eselnase einen beherzten Streichler verpasst und das Bein für Glück angefasst — sicher ist sicher.

Rückfahrt dann ganz gesittet mit dem Zug nach Ottersberg und gleich noch das Wohnmobil nach Wildeshausen umgesetzt. Weil stehenbleiben ist nichts für mich. Morgen geht’s weiter. Versprochen.

Von Bernhard Kruppki

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von neu: vier lieben Menschen.