Heute früh starte ich am Rombergpark in Dortmund. Bedeckte Wolken hängen noch am Himmel, aber meine Stimmung ist gut – ich will mir die tristen Kilometer durch endlose Wohnsiedlungen sparen. Zwischen alten Bäumen, feuchtem Laub und Vogelgezwitscher geht’s los. Der Weg führt am Zoo vorbei, ein röhrender Hirsch ruft durchs Tal – und ich grinse.
Gestern um 21:17 Uhr bin ich zum fünften Mal Opi geworden. Ein strammer Enkelsohn, gesund, laut und voller Leben. Und als ich heute an einem Kindergarten vorbeikomme, singen die Kinder tatsächlich: „Wie schön, dass du geboren bist!“ von Rolf Zuckowski. Ich bleibe stehen. Zufall? Vielleicht. Aber einer, der Gänsehaut macht.
Unter der A45 hindurch, vorbei am Dortmunder Golfclub, Richtung Hohensyburg. Oben thront die Spielbank – ich sag mir lachend: „Kurz das Urlaubsgeld abholen“ – natürlich reine Ironie. Heute wird in Kilometern investiert, nicht in Jetons. Zum ersten Mal auf dieser langen Strecke von Osnabrück nach Beyenburg spüre ich echtes Bergland unter den Füßen, rund 300 Höhenmeter – das geht in die Waden, aber auch ins Herz. Ab dem späten Vormittag dann Sonne pur. Und plötzlich dieses Panorama über Hagen: Wälder, Täler, Licht. Wäre da nicht der Krach der A1, die unaufhörlich lärmt. Da kannste mir ein Haus schenken – ich würd’s nicht nehmen.
Auf dem Weg liegt Herdecke. Eine wunderschöne Stadt – eigentlich. Doch die Schlagzeilen seit dem 7. Oktober reden nicht vom Fachwerk und der Ruhr, sondern vom Messerangriff auf die neue Bürgermeisterin und dass durch die eigene 17-jährige Adoptivtochter. Erst eingesperrt und dann lebensgefährlich verletzt. Die Welt scheint verrückt, und ich bin dankbar, einfach draußen zu sein, unterwegs, im Takt der Schritte, wo alles wieder klarer wird.
Dann hinunter zum Hengsteysee – endlich Ruhe, Wasser, Weite. Durch die Naturwaldzelle, vorbei am alten RWE-Kraftwerk „Köpfchen“, das längst stillgelegt und heute als Industriedenkmal erhalten ist. Ich mag solche Orte – sie erzählen Geschichten von Arbeit, Wandel und Abschied. Heute lasse ich die Umwege des offiziellen Jakobswegs weg. Keine Schleifen, keine Zusatzrunden, nur der direkte Weg. 25,68 Kilometer bis Haspe, Sonne im Gesicht, Schweiß auf der Stirn, Zufriedenheit im Herzen.
Mit dem Zug zurück nach Vorhalle, das Wohnmobil nach Schwelm umgesetzt. Noch eine Etappe bis Beyenburg, dann ist Schluss. Ich hab’s ehrlich übertrieben – zu viele Kilometer pro Tag. Jeder Knochen meldet sich, als hätte er ein eigenes Beschwerdeformular. Aber so ist das Pilgerleben – du gehst nicht, weil’s leicht ist, sondern weil’s echt ist.
Und jetzt sitze ich im Wohnmobil. Draußen dämmert es, die Müdigkeit kommt und das schon um 17 Uhr, und ich denke: ein Tag fürs Herz, fürs Denken, fürs Leben.
Morgen kommt die letzte Etappe nach Beyenburg – und am Mittwoch das große Fazit. Danach 1,5 Tage Pause und dann 10 Tage Harz-Wanderurlaub mit meiner Frau. Und wie heißt es so schön: Ausruhen kann man sich richtig, wenn man in der Kiste liegt. 😄













































