Letzte Etappe! Start im Nebel – und welche Tiere lassen sich da am besten fotografieren? Genau, Schnecken! Die laufen garantiert nicht weg. Also erstmal Schnecken-Shooting, dann weiter Richtung Unna.

Vorbei am geographischen Mittelpunkt der Stadt, und kurz vor Unna schon wieder: Jakobsweg gesperrt wegen Bahnübergang. Egal, einfach den Weg ins Zentrum über die Hauptstraße genommen. Heute sowieso ein Tag voller kurioser Schilder: „Kellner kreuzt“ – na dann guten Appetit. Und dann noch mein persönliches Highlight: ein Brot mit meinem eigenen Namen drauf. Ja, richtig gelesen – „Bernhard-Brot“! s. Fotos. Als ob der Jakobsweg gewusst hätte, dass ich komme.

Und dann stand ich plötzlich vor etwas, das so gar nicht lustig war: einem Babyfenster. Dort können Mütter, die nicht mehr weiterwissen, ihr Neugeborenes anonym und sicher abgeben. Daneben der Hinweis: „Nehmen Sie den Brief an die Mutter mit, die Memorykarte ist als individuelle Verbindung zu Ihrem Kind gedacht.“ Da bleibt man still. Pilgern heißt ja auch innehalten – und genau das habe ich getan. Nachgedacht über Frauen in größter Not, über schwierige Lebenssituationen, über Entscheidungen, die unvorstellbar schwer sein müssen. Es ist traurig, dass es so etwas braucht – und gleichzeitig unendlich gut, dass es diese Möglichkeit gibt. Ein Ort der Verzweiflung, aber auch ein Ort der Hoffnung.

Unna selbst war laut, richtig laut – nix wie raus hier. Über Massen und Wickede ging’s weiter, aber auch da keine Ruhe, sondern die Flugzeuge vom benachbarten Flughafen direkt über mir. Pilgern mit Düsenjet-Soundtrack, auch mal was Neues. Richtung Innenstadt Dortmund wurde es nicht schöner: vorbei an der Galopprennbahn, aber nix zu sehen, alles zugewachsen. Dann ewig parallel zur Bahnstrecke, langweilig, nervig, aber egal – es war die letzte Etappe, und das hat getragen.

Und dann endlich: durchs Kaiserviertel in die Dortmunder Innenstadt, hinein in die Reinoldi-Kirche. Dort endete meine Pilgerreise auf dem Jakobsweg von Höxter nach Dortmund. Ein kurzer Blick noch aufs Deutsche Fußballmuseum und den Bahnhof – und dann mit dem Zug zurück nach Hemmerde.

28,74 Kilometer zeigte der Tacho heute. Mit dem Wohnmobil dann endgültig nach Hause, wo mich meine Frau mit offenen Armen empfing – der schönste Moment der ganzen Tour. Geschlaucht, glücklich und mit einem dicken Grinsen im Gesicht: 198,49 Kilometer in 6,5 Wandertagen!

Fazit folgt – aber eins ist klar: Dieser Jakobsweg hatte alles. Nebel, Schnecken, Schilder zum Kopfschütteln, Flugzeuglärm, Bernhard-Brot, tiefe Gedanken am Babyfenster – und am Ende die große Umarmung. Pilgern kann anstrengend sein – aber vor allem macht es das Herz leicht.

Von Bernhard Kruppki

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von neu: fünf lieben Menschen.