Sechs Tage, 183,96 Kilometer, im Schnitt 30,66 Kilometer pro Tag – und jeder einzelne Schritt hat sich gelohnt! Der Jakobsweg von Osnabrück nach Beyenburg war kein Spaziergang, sondern ein echtes Abenteuer zwischen Regen, Sonne, Pilgerromantik und Ruhrgebietsrauhigkeit.
Gestartet bin ich in Osnabrück, wo im Sommer noch Dauerregen herrschte – diesmal aber strahlte die Herbstsonne, als wollte sie sagen: „Jetzt geht’s richtig los!“ Durch die charmante Altstadt, das Hegerviertel und weiter Richtung Hasbergen, Lengerich und Münster – immer auf der Spur der gelben Jakobsmuschel, die mich zuverlässig leitete. Die Ausschilderung? Vorbildlich! Selbst ohne GPS hätte ich den Weg gefunden. Und überall Ruhebänke – die ich natürlich nicht genutzt habe. Wäre ja schade um die Dynamik!
Die Strecke war abwechslungsreich wie das Leben selbst: mal still entlang des Dortmund-Ems-Kanals, wo Containerschiffe gemächlich vorbeizogen, mal geschichtsträchtig über alte Handelsrouten und Friedenswege. In Lünen glänzte die legendäre Persiluhr, in Herdecke spürte man noch die Nachwirkungen des Messerangriffs auf die Bürgermeisterin – ein Ort, der einem zeigt, wie nah Freude und Schmerz beieinanderliegen können.
Landschaftlich wurde es zunehmend sportlich: sanfte Höhen in Hagen, dann richtig knackig zum Schluss – 708 Höhenmeter aufwärts und 629 abwärts allein auf der letzten Etappe! Der Körper war müde, der Kopf hellwach. Der Weg forderte, aber er gab auch zurück. Die Belohnung: das Kloster Beyenburg, gregorianische Gesänge und das Gefühl, angekommen zu sein – äußerlich und innerlich.
Natürlich war nicht alles Postkartenidylle: oft dröhnten Autobahnen und Landstraßen, die Industrie blinkte am Horizont. Aber gerade das machte diesen Weg so echt – kein romantischer Pilgerpfad, sondern ein Stück westfälisch-rheinisches Leben in Reinform.
Mein Fazit:
Dieser Jakobsweg ist ehrlich, fordernd, wunderschön und ungeschönt zugleich. Perfekt ausgeschildert, mit vielen kleinen Wundern am Wegesrand – vom rostigen Blitzer, der zum Jakobswegweiser wurde, bis zur goldenen Muschel in Ossenbeck. Und wenn man, wie ich, lieber läuft als ruht, wird man mit unzähligen Momenten belohnt, die kein Auto, kein Zug, keine Kamera so festhalten kann.
183,96 Kilometer, sechs Tage, unzählige Eindrücke – und das sichere Gefühl:
Ich bin wieder ein StĂĽck mehr Wanderbruder geworden.