Gestern habe ich ja schon von der Bahnstreckensperrung wegen Gleisbau erzählt – und die Jungs haben wirklich keine halben Sachen gemacht. Nur 50 Meter neben meinem Stellplatz wurde um 22:30 Uhr das Gleis erneuert. Hochgeschreckt aus dem Tiefschlaf hörte ich Maschinen kreischen, Hämmer poltern und immer wieder dieses hupende Signal: „Wir sind fertig, du kannst den Materialzug weiter setzen.“ In fünf Minuten haben die locker ein 30-Meter-Stück ausgetauscht, nach einer Stunde waren sie weitergezogen und endlich herrschte wieder Ruhe.

Heute Morgen dann Ersatzverkehr deluxe: Um 8 Uhr in den Bus nach Soest, Umstieg in die Regionalbahn nach Bad Sassendorf und dort Start auf meine bisher längste Strecke des Jakobswegs von Höxter nach Dortmund.

Direkt auf dem ersten Abschnitt parallel zur L959 hatte ich den Spezialauftrag meiner Tochter im Nacken: über 100 Kastanien sammeln. Gesagt, getan – 1,5 Kilo im Rucksack extra! Den Auftrag habe ich gern erfüllt, nur gut, dass ich es gleich morgens geschafft habe, denn kein weiterer Kastanienbaum mehr auf dem Weg gesichtet. Alter Grundsatz passte wieder Mal…: Erledigt ist erledigt.

In Soest war alles vorbildlich ausgeschildert – hat das vielleicht Uwe aus dem Pilgerforum gemacht? Kurz in den St.-Patrokli-Dom rein: der war sogar geheizt – muss das sein? Stempel gab’s dort nicht, aber dafür im Gemeindebüro der benachbarten Kirche St. Petri-Paul. Weiter durch die wunderschöne Altstadt, vorbei am Pilgrim-Haus, dem ältesten Gasthof Westfalens, und am Jakobi-Tor ein genialer Pilgerbrunnen – die Stadt weiß, wie man Pilger bei Laune hält.

Dann wieder die harte Realität: Autogeräusche von der nahen Landesstraße. Von Ampen bis Ostönnen ging es an der alten B1 entlang, über Mawicke ins „Sauerkrautdorf“ Westönnen. Ein herrlicher Name, der einem sofort Appetit macht.

In Werl angekommen, fühlte ich mich wie ein echter „Pilger der Hoffnung“. Der Marien-Wallfahrtsort ist ein Hammer. 2025 ist Heiliges Jahr – alle fünf Jahre wieder – und gestern war hier Segnung eines steinernen Wappens, ein Geschenk von Papst Leo XIV. Erzbischof aus Paderborn war da, die Basilika voll, ein richtiges Großereignis. Ich war zwar zu spät, aber allein die Atmosphäre hat mich begeistert: ehrwürdige Stille, schlichte Eleganz, und dann wieder prunkvolle Pracht. Das pompöse Innere wirkte wie eine andere Welt. Ein modernes Beichtstuhl-Foto musste sein, genauso wie das geniale Stempelversteck. Ohne den Jakobsweg wäre ich hier wahrscheinlich nie hingekommen – und ich hätte wirklich etwas verpasst. Nur das Pilgerbüro war leider zu, shoppen war also nicht drin.

Zurück ging es dann wieder über die Bundesstraße, kein Meter zu viel, bis nach Hemmerde. Leute, 33,19 Kilometer auf dem Tacho! Da half nur noch: direkt ins Bett, zwei Stunden tief schlafen, und jetzt bin ich wieder fit. Morgen steht die letzte Etappe nach Dortmund an – den Bericht dazu gibt’s aber erst übermorgen. Ich freue mich riesig auf meine Frau, bin ehrlich gesagt gerade ziemlich platt – aber morgen geht noch was!

Von Bernhard Kruppki

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von neu: vier lieben Menschen.

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