Bei früheren Pilgertouren habe ich mir in den ersten Tagen immer gleich ein Monsterpensum an Kilometern aufgeladen. Diesmal cleverer: am zweiten Tag nur eine halbtägige Tour eingeplant. Und was soll ich sagen – genialer Riecher! Dauerregen, 30 Liter pro Quadratmeter, viele Pfützen, aber der Wanderbruder stapfte fröhlich los.

Start war an der Therme in Bad Driburg, gemütliche 2,5 Kilometer bis zum Bahnhof. Zugfahrt nach Brakel, und von dort schnurstracks zurück auf die Jakobsweg-Route Richtung Bad Driburg. Die Wallfahrtskapelle „Annenkapelle“, 1719 erbaut, lag direkt am Weg, geschlossen natürlich, und nass war sowieso schon alles. Egal, ich hatte nach dem gestrigen Thermenbesuch wunderbar entspannt geschlafen und fühlte mich fast unverwundbar.

Und hier zeigt sich der Luxus des Wohnmobils: kein Rucksack wie ein beladener Esel, sondern alles griffbereit für jedes Wetter. Wasserdichte Winter-Barfußschuhe geschnürt, dazu meine nagelneue Jacke von Camel Active, Modell teXXXactive, gekauft im Outlet Soltau bei einem Familienurlaub mit Kindern und Enkelkindern im Center Parc. Und als Krönung der Sparkassen-Schirm – seit über neun Jahren mein treuer Begleiter aus alten Dienstzeiten. Wer braucht da schon Hightech-Pilgerausrüstung?

Ab Kilometerstein 2 bis 7 ging’s stetig bergauf. Eine Bäckereifachverkäuferin hatte mir schon gestern erzählt, dass auf diesem Abschnitt nur noch drei bis vier Pilger pro Woche unterwegs sind. Heute habe ich das gemerkt – ich stapfte allein durch nasses Gras, so hoch, dass selbst die Socken feucht wurden. Pilgern ist eben auch Einsamkeit – und wer es noch nicht erlebt hat: Man lebt einfach im Hier und Jetzt.

Der Weg führte weiter über den Kammweg, oberhalb des Golfplatzes, Richtung Alhausen. Dort wird gerade die Kirche St. Vitus saniert – kein Stempel für den Pilgerpass, schade. Dafür der Anstieg: 125 Meter hinauf am Mausoleum vorbei, ein schöner Blick auf den Golfplatz, und dann endlich zurück zur Therme. Am Ende standen 17,9 Kilometer auf der Uhr, 321 Höhenmeter, ein halber Wandertag – genau richtig bei Dauerregen.

Und dann begann der zweite Teil des Pilgertages: Kochtag im Wohnmobil. Käsewürstchen, knusprig in der Heißluftfritteuse, dazu der leckerste Kartoffelsalat nach schlesischer Art – ein Festmahl für den Regenpilger! Gegen 18:30 Uhr geht’s hinein wieder in die Therme. Das warme Wasser und die starken Wasserdüsen taten so gut, dass meine Schulterschmerzen, die mich seit Wochen nerven, endlich leichter wurden. Der Jakobsweg wirkt eben: Man vergisst Regen, Schmerzen und sogar nasse Socken.

Von Bernhard Kruppki

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von neu: vier lieben Menschen.

2 Gedanken zu „„Dauerregen, Barfußschuhe und Käsewürstchen – der Wanderbruder trotzt Tag 2 auf dem Jakobsweg““

Die Kommentare sind geschlossen.