Seit Sonntag bin ich hier in Husum an der Nordsee zum Bildungsurlaub in der Volkshochschule, der von meiner Frau nach eingehender Antragsprüfung bewilligt wurde. Das war eine schwierige Entscheidung, denn es musste eine Vertretung für das Ausräumen des Geschirrspülers gefunden werden. Grins.

Husum ist eine kleine Stadt an der Nordsee mit einem Binnenhafen direkt in der Altstadt. Touristisch gut erschlossen, auch für einen Erlebniseinkauf. Und natürlich auch bekannt durch den Geburtsort vom Schriftsteller Theodor Storm und die vier Millionen lila Krokusse im Frühjahr im Schlosspark.

Nach 2 1/2 Seminartagen mit Qi Gong und Yoga habe ich mir meinen freien Nachmittag genommen. Das geht, wenn man will… meine Frau reagierte natürlich sofort darauf: „ich würde schwänzen“. Nee, das ist die Selbstfürsorge eines Pensionärs…

Bevor ich zu meiner heutigen Wanderung komme, möchte ich Euch noch vom gestrigen Museumsbesuch im Wohnhaus von Theodor Storm berichten. Es wurden Schulerinnerungen geweckt, denn wir haben uns im Deutschunterricht intensiv mit dem „Schimmelreiter“ beschäftigt, und diese Novelle hat ja Theodor Storm geschrieben.

Für mich und für alle eine kurze Zusammenfassung der Novelle (Quelle: Museum):

Hauke Haien, der Sohn eines Kleinbauern, erkennt schon früh, dass man den Deichen ein flacheres Profil geben muss als bisher. Dann können bei einer Sturmflut die Wellen auslaufen, und die Gefahr eines Deichbruchs ist geringer.

Durch die Heirat mit der einzigen Tochter des Deichgrafen wird er Hofbesitzer und selber Deichgraf. Er gewinnt die anderen Bauern im Koog für seinen Plan, das Vorland einzudeichen. Während der Bauarbeiten verhindert er, dass die Bauern einen kleinen Hund als Deichopfer lebendig begraben, und bringt damit alle gegen sich auf.

Hauke Haien ist ein Einzelgänger und ein unbequemer Aufsteiger, deshalb ist er seiner Umgebung nicht ganz geheuer. Man erzählt sich, dass der Schimmel, den er meistens reitet, eigentlich ein Gespenst ist. Die Widerstände machen Hauke mürbe. Als er von einer Krankheit geschwächt ist, begnügt er sich einmal um des lieben Friedens willen mit unzureichenden Reparaturen am alten Deich. Das rächt sich, denn bei einer schweren Sturmflut bricht der Deich an eben dieser Stelle. Hauke muss zusehen, wie seine Frau und sein Kind in der Flut versinken, und stürzt sich selbst mit dem Schimmel in den Bruch. Seitdem erscheint der Schimmelreiter bei Sturmfluten als warnender Vorspuk auf seinem Deich.

Für mich ein klares Fazit dieser Novelle: Ein Mensch benötigt mehr als Talent und Ehrgeiz, um erfolgreich zu sein. Wer hochgesteckte Ziele erreichen möchte, benötigt auch die Unterstützung seines sozialen Umfelds. Passt super zu den Seminarinhalten.

Heute habe ich dann eine kleine Nordseewanderung von 11,5 Kilometern bei dichtem Nebel bewältigt. Vorbei am Landesamt für Küstenschutz am Außenhafen, wo sich übrigens das größte Pfählelager für den Buhnenbau befindet. 200.000 Stück lagern hier! Hier finden auch die Trainings für die Küstenteams statt, wenn Ölteppiche auftreten. Das Öl wird mit Popcorn simuliert und die Spezialschiffe sammeln es auf. Später wird das Popcorn an die Möwen verfüttert. 79g Kohlenhydrate für die Möwen bei einer Essmenge von 100g. So irgendwie gesund leben die Möwen nie… Pommes, Fischbrötchen und Bratwurstreste… das Ernährungsseminar wäre auch was für Möwen…

Vorbei an der Schleuse erreichte ich Dockkoog. Hier steht noch immer die abgebrannte (2018) Hotelruine, obwohl die Versicherung die Schadenshöhe bereits abgedeckt hat. Liebe Leute von der Stadt Husum, gebt Mal ein bisschen Gas bei dem Abriss! Ist ein Schandfleck.

Küstenschutz wird hier groß geschrieben. Ein Bagger schaufelt derzeit mit einer Spitzschaufel die Kanäle frei. 100 hat der Baggerfahrer schon geschafft… Weitere 100 folgen… was für eine eintönige, aber wichtige Arbeit.

Von weitem hörte ich neben den Baggergeräuschen ein Pferdegalopp. Oh nein, bitte kein „Schimmelreiter“ mit einer Sturmflut dachte ich. Es war Gott sei Dank eine vielleicht 45-jährige sportliche Reiterin mit wehenden langen dunklen Haaren.

Vorbei am „Ein-Schützen-Stand“ aus dem 2. Weltkrieg erreichte ich dann Schobüll. Ein schnuckeliges Dorf, was von „Neureichen“ entdeckt wurde. Prachtbauten an der Deichstraße!

Zurück ging es über die Landesstraße nach Husum, vorbei an der Volkshochschule -ich habe natürlich gewunken-, in die Innenstadt. Auf dem Weg kam ich an der Friedenskirche vorbei, dem Standort der Husumer Tafel. 50 Meter Menschenschlange und was für viele junge Menschen…

Im anschließenden Schlosspark blühten leider noch nicht die 4 Millionen lila Krokusse. Das Naturschauspiel hätte ich mir gern angesehen.

Zum Ende meiner Wanderung, so wie bisher morgens und nachmittags, kam ich an einem Schlachthof vorbei. Auf dem Hinterhof wurden die lebendigen Tiere abgeladen und vorne standen schon die LKWs für das abgepackte Fleisch. Die leeren Tiertransporter wurden gleich in einer Waschanlage gereinigt, so dass der Kreislauf neu beginnen konnte. Leider esse ich zu gern Fleisch… Anlass für eine Reduzierung auf einmal pro Woche? Ja!

Jetzt mache ich mir erstmal ein schönes Abendbrot mit Käse, Gemüse und Obst im Wohnmobil.

Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Von Bernhard

Jahrgang 1963, Sparkassenbetriebswirt, jetzt Pensionär, 1. Vorsitzender, Pressewart und stv. Wanderwart beim SC Barienrode e.V., Gesetzlicher ehrenamtlicher Betreuer von fünf lieben Menschen.

Ein Gedanke zu „Schimmelreiter, Popcorn und Krokusse“
  1. Cooler Bericht nach einer interessanten Wanderung!! Ich kenn Husum auch mit den Krokussen. Übrigens: bei mir blühen die ersten!!

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